Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern

Niedrigwasser-Lagebericht Bayern

Ausgegeben am 11.05.23, 16:00 Uhr

Nach dem Ende des hydrologischen Winterhalbjahres werden normale bis mäßig feuchte Niederschlagsverhältnisse erreicht. 27 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen weisen niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken zeigen 60 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.

Witterung:
Der Niederschlag des hydrologischen Winterhalbjahres (01.11.2022 bis 30.04.2023) summiert sich für Nordbayern auf 381mm (104% vom Mittel 1971 bis 2000) und für Südbayern auf 403mm (90% vom Mittel). Dabei hat der zu nasse April 2023 das anfängliche winterliche Niederschlagsdefizit reduziert und gebietsweise kompensiert (Aprilniederschlag: Nordbayern 61mm [119% vom Mittel], Südbayern 118mm (148% vom Mittel)]. Im bisherigen Mai brachten fünf aufeinanderfolgende Tiefdruckgebiete insbesondere dem Süden immer wieder Regen und dadurch klassifiziert der Niederschlags-/Dürreindex (SPI) der letzten 90 Tage normale bis mäßig feuchte Verhältnisse für Bayern. Die monatlichen Niederschlagsanomalien der letzten zwei Jahre zeigt die Abbildung 1. Die Temperaturbilanz des Winterhalbjahres fällt zu warm aus. Bis auf den im langjährigen Vergleich um 0,1 Grad zu kalten April, waren alle übrigen Monate seit November 2022 statistisch zu warm, November, Januar und Februar sogar deutlich zu warm. Diese milde Witterung zeigt sich auch in der Anzahl der Frosttage (Tagesminimum der Lufttemperatur unter 0°C). So fiel die Gesamtzahl der Frosttage des Winterhalbjahres unterdurchschnittlich aus - Augsburg verzeichnete 13 und Hof 33 Frosttage weniger als im langjährigen Mittel.

Fließgewässer:
Ca. 27% der Messstellen in Bayern zeigen für die Jahreszeit niedrige Abflussverhältnisse. Sehr niedrige Abflüsse treten bisher jedoch kaum auf. Gewässer mit alpinem Einzugsgebiet am direkten Alpenrand, im Bereich der Mittelgebirge oder an Fließgewässerabschnitten, die durch Speicherabgaben gestützt werden, zeigen meist noch keine Niedrigwassertendenzen.

Seen und Speicher:
An den Seen im Süden Bayerns sind die Wasserstände angestiegen, so dass aktuell keine Niedrigwassersituation besteht.
Die vergangenen Niederschläge sowie die vergangene Schneeschmelze in den höheren Lagen sorgten überwiegend für einen Wiederanstieg in den Betriebsräumen der staatlichen Wasserspeicher mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung. Sie sind derzeit mit Ausnahme des Brombachsees (54%) zu über 90% gefüllt und können für die Niedrigwasseraufhöhung in Anspruch genommen werden.

An den vier Anlagen Ellertshäuser See, Eixendorfer See, Liebensteinspeicher und Trinkwassertalsperre Mauthaus werden aktuell weiterhin Baumaßnahmen durchgeführt, so dass dort keine bzw. nur sehr begrenzt Niedrigwasseraufhöhung erfolgen kann. Der Eixendorfer See ist für Sanierungen (Bau eines neuen Entnahmeturms) teilabgestaut. Der Liebensteinspeicher wurde für Brückenabrissarbeiten der Gemeinde Plößberg ebenfalls teilabgestaut, befindet sich jedoch wieder im Aufstau. Trotz des noch niederen Füllstandes kann der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden. Der Ellertshäuser See wurde in 2021 für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen komplett abgestaut (siehe auch: https://wwa-ellertshaeusersee.de). Der Wiederaufstau wurde im September 2022 begonnen und über die Wintermonate füllte sich der Ellertshäuser See nun bis auf das Grundseeniveau.

Der durch Altmühlwasser gespeiste Große Brombachsee leitet momentan 0,3m³/s und der Rothsee, welcher überwiegend aus Donauwasser gespeist wird, ca. 5,0m³/s in das Main-Einzugsgebiet über. Bei den weiter anhaltenden Niederschlägen kann die Abgabe am Wochenende auf 3,0m³/s reduziert werden.
Die Betriebsräume der Trinkwassertalsperren Mauthaus und Frauenau sind derzeit zur uneingeschränkten Wasserlieferung an die Fernwasserversorger mit über 95% ausreichend gefüllt.

Grundwasserstände:
Aktuell weisen rund 27 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen niedrige und sehr niedrige Messwerte auf (Abb. 2). In den tieferen Grundwasserstockwerken zeigen rund 60 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation (Abb. 3).

Entwicklung der Grundwasserstände und Quellschüttungen:
Üblicherweise findet die Grundwasserneubildung und die damit einhergehende Erholung der Grundwasserstände vor allem im hydrologischen Winterhalbjahr (November bis April) statt. Nach dem erheblich zu trockenen Kalenderjahr 2022 fiel die Niederschlagsbilanz des Winterhalbjahres 2022/23 lediglich in Nordbayern durchschnittlich aus, während in Südbayern erneut zu wenig Niederschlag verzeichnet wurde.
In Nordbayern konnte sich die Niedrigwassersituation im Grundwasser im ersten Quartal 2023 nach den ergiebigen Niederschlägen in März und April zum Teil stabilisieren und in den schnell regenerierenden Grundwasservorkommen auch entspannen. In Südbayern hat sich in vielen Regionen die Tendenz abnehmender Grundwasserstände und Quellschüttungen trotz der ergiebigen Aprilniederschläge im Winterhalbjahr fortgesetzt.
Aktuell von Niedrigwasser betroffen sind in Nordbayern der fränkische Jura, der fränkische Sandsteinkeuper und z.T. die Grundwasservorkommen entlang des unteren Mains (Quartär). In Südbayern sind verschiedene Regionen des Alpenvorlandes (verschiedene Nieder- und Hochterrassen, Münchner Schotterebene) sowie die fließgewässerfernen Vorkommen des Molassebeckens (Tertiär und Obere Süßwassermolasse) von Niedrigwasser betroffen.

Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern seit 2003 ein mittleres jährliches Defizit von 16% auf. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020, 2022) kann dieses Defizit nicht durch einzelne regenreiche Monate langfristig ausgeglichen werden. Insbesondere (Stark-) Niederschläge in hoher Menge und kurzer Dauer fließen auf ausgetrockneten Böden teilweise direkt wieder an der Oberfläche ab. In Kombination mit der hohen Pflanzenverdunstung im Sommerhalbjahr (Mai-Oktober) stehen die Niederschläge für eine Auffüllung der Grundwasservorräte daher nur zu einem vergleichsweise geringen Anteil zur Verfügung.

Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Die Anzahl der als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen beträgt derzeit rd. 60%. Besonders von niedrigen Grundwasserständen betroffen sind Messstellen des Jura im tiefen Karst, des mittelfränkischen Sandsteinkeupers sowie des Tertiärs zwischen Alpenvorland und Donau.

Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt. Jahreszeitlich und witterungsbedingt liegen die Wassertemperaturen aktuell in einem günstigen Bereich. Dagegen können angesichts der in Bayern noch immer verbreiteten Niedrigwassersituation in vielen bayerischen Fließgewässern aber Auswirkungen auf die Fischfauna und die wirbellosen Kleinlebewesen nicht ausgeschlossen werden. Diese Nachteile äußern sich insbesondere in einer geringeren Lebensraumverfügbarkeit. So können sich beispielsweise Fläche und Funktionalität von Laichplätzen einiger Fischarten verringern.
Entwicklung in den Seen
Das Ökosystem der Seen wird maßgeblich von der Temperaturentwicklung im Jahresverlauf geprägt. Der Wechsel von warmen und kalten Jahreszeiten sichert die Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers und die Nährstoffversorgung der Pflanzen und Tiere im Freiwasser. Während der Wintermonate konnte das sommerlich warme Wasser abkühlen, eine Zirkulation und damit Ausgleich der Sauerstoffdefizite in tieferen Wasserschichten wurde weitgehend ermöglicht. Die Situation hat sich dahingehend entspannt. Durch ausreichende Regenfälle weisen die Seen einen Wasserstand im normalen Bereich auf. Den im Uferbereich austreibenden Wasserpflanzen steht entsprechend Feuchtigkeit zur Verfügung. Laichhabitate wie Wasserröhrichtbestände waren und sind für die Organismen in der Laichsaison erreichbar, die Schutzfunktion dieser Bereiche für Gelege, Vogelbrut, Jungfische und andere Tiere und Pflanzen ist vorhanden und kann genutzt werden. Jedoch werden aufgrund der in den vergangenen Jahren langanhaltenden und wiederkehrenden Niedrigwasserphasen gerade das im Wasser stehenden Schilf- und andere Röhrichte nachhaltig geschädigt und die entsprechenden Zonen verkleinert. Die Ausmaße und Folgen dieser Entwicklungen auf die verschiedenen Organismengruppen und das Ökosystem im Ganzen können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht quantifiziert werden. Nur durch kontinuierliche Beobachtungen und Untersuchungen in den folgenden Jahren können diese Auswirkungen erkannt werden.

Ausblick:
Die derzeitige Trendvorhersage des Deutschen Wetterdienstes prognostiziert bis Ende Mai zunächst zu nasse, zu kalte (Kalenderwoche 20) und anschließend etwas zu trockene, zu warme Verhältnisse (Kalenderwochen 21 und 22). Diese Einstufungen ergeben sich aus dem Vergleich mit dem Referenzzeitraum 2003 bis 2022. Eine größere Niedrigwasserlage ist vorerst nicht zu erwarten.

Abb.1: Abweichungen vom mittleren Monatsniederschlag (1971-2000) für die Regionen Nord- und Südbayern im Verlauf der letzten 2 Jahre.



Abb.2: Anteil an Grundwassermessstellen und Quellen mit der Klassifizierung niedrig, sehr niedrig bzw. neuer Niedrigstwert im oberen Grundwasserstockwerk im Verlauf der letzten 2 Jahre.



Abb.3: Anteil an Grundwassermessstellen und Quellen mit der Klassifizierung niedrig, sehr niedrig bzw. neuer Niedrigstwert in tieferen Grundwasserstockwerken im Verlauf der letzten 2 Jahre.



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