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Niedrigwasser-Lagebericht Bayern
Ausgegeben am 19.09.22, 14:30 Uhr
Nach flächenhaften Regenfällen hat sich die Niedrigwasserlage etwas entspannt. 53 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen weisen niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken zeigen 71 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.
Witterung:
Der Niederschlag des bisherigen hydrologischen Sommerhalbjahres (01.05 bis 18.09.2022) summiert sich in Nordbayern auf 268mm (77% vom Mittel 1971 bis 2000) und in Südbayern auf 478mm (86% vom Mittel). Nach den flächenhaften Niederschlagsereignissen der letzten Wochen, wird der September als erster Monat des Sommerhalbjahres zu nass ausfallen (Abb. 1). Der Niederschlagsindex der letzten 90 Tage (SPI) klassifiziert Teile Oberbayerns und Niederbayerns als sehr trocken, weite Teile Frankens als durchschnittlich. Das bisherige hydrologische Jahr (01.11.2021 bis 18.09.2022) bleibt aber weiterhin zu trocken mit einem Niederschlagsdefizit von 96 mm für Nordbayern und 191mm für Südbayern. Im laufenden Kalenderjahr 2022 variiert die Anzahl der Sommertage zwischen 48 (Hof), 72 (Augsburg), 83 (Würzburg) und 89 (Regensburg). Im Vergleich zum langjährigen Mittel waren das stationsabhängig 27 bis 43 zusätzliche Sommertage. Die Spannweite der heißen Tage reicht von 9 (Hof), über 15 (München) bis 34 (Regensburg) und damit wird das Drei- bis Fünffache des jeweiligen Stationsmittelwertes erreicht.
Fließgewässer:
Die ausgiebigen Niederschläge der vergangenen Tage haben in weiten Teilen Bayerns für eine Entspannung der Niedrigwassersituation an den Fließgewässern gesorgt. Nördlich des Alpenvorlandes werden an den gewässerkundlichen Pegeln aktuell aber noch immer niedrige bis sehr niedrige Abflüsse beobachtet. An einigen Pegeln liegen die Abflüsse weiterhin unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ). Günstiger ist die Abflusssituation an Fließgewässerabschnitten, die durch Speicherabgaben gestützt werden. Eine solche Abflusserhöhung erfolgt derzeit z. B. an der Rednitz/Regnitz durch Abgaben aus dem Roth- sowie Brombachsee (siehe Speicher). Für die kommenden Tage sind weitere Niederschläge vorhergesagt, so dass sich die Niedrigwassersituation voraussichtlich nicht wesentlich intensivieren wird, in Teilbereichen kann eine erneute Abnahme der Abflüsse aber nicht ausgeschlossen werden.
Seen und Speicher:
An den Seen hat sich die Niedrigwassersituation vor allem an den Alpen etwas entspannt. An einigen großen Seen im Süden Bayerns werden weiterhin niedrige bis sehr niedrige Wasserstände registriert.
Die Niederschläge der vergangenen Tage sorgten überwiegend für einen Wiederanstieg in den Betriebsräumen der Talsperren mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung. Sie sind derzeit zwischen 42% und 100% gefüllt und können für die Niedrigwasseraufhöhung in Anspruch genommen werden.
An den vier Anlagen, Ellertshäuser See, Eixendorfer See, Liebensteinspeicher und Trinkwassertalsperre (TWT) Mauthaus werden aktuell Baumaßnahmen durchgeführt, so dass dort keine bzw. nur sehr begrenzt Niedrigwasseraufhöhung erfolgen kann. Der Ellertshäuser See ist für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen komplett abgestaut (siehe auch: https://wwa-ellertshaeusersee.de), sein Wiederaufstau beginnt noch im September. Der Eixendorfer See ist für Sanierungen teilabgestaut. Der Liebensteinspeicher wurde für Brückenabrissarbeiten der Gemeinde Plößberg ebenfalls teilabgestaut. An der TWT Mauthaus laufen umfangreiche Sanierungsarbeiten, die Trinkwasserversorgung hat dort Vorrang.
Die Hauptlast der Main-Donau-Überleitung trägt zur Zeit der mit Donauwasser gespeiste Rothsee bei einer Abgabe von 1,0m³/s. Der durch Altmühlwasser gespeiste Große Brombachsee leitet momentan 0,3m³/s in das Main-Einzugsgebiet ein.
Die Betriebsräume der Trinkwasserspeicher Mauthaus und Frauenau sind derzeit zur uneingeschränkten Wasserlieferung an die Fernwasserversorger ausreichend gefüllt.
Grundwasserstände:
Die Grundwasserneubildung und die damit einhergehende Erholung der Grundwasserstände findet vorwiegend im hydrologischen Winterhalbjahr (November bis April) statt. Die Niederschlagsbilanz des vergangenen Winterhalbjahres 2021/22 fiel jedoch, besonders in Südbayern (74% vom Mittel), erneut zu trocken aus. Auch die Folgemonate Mai, Juni, Juli sowie z.T. der August waren in weiten Teilen Bayerns erheblich zu trocken.
Das für diese Jahreszeit übliche Niveau der Grundwasserstände und Quellschüttungen wird aktuell v.a. in Teilen des ostbayerischen Kristallins, in Teilen Unter- und Mittelfrankens sowie längs der Donau erreicht. In den übrigen nordbayerischen Regionen werden vermehrt (sehr) niedrige Grundwasserstände registriert. Besonders betroffen sind hier der fränkische Jura und zum Teil Messstellen entlang der nordbayerischen Flüsse (Quartär). In Südbayern hingegen unterschreiten die meisten Messstellen das für diese Jahreszeit übliche Niveau weiterhin deutlich. Besonders betroffen sind hier viele Messstellen des Quartär und der Alpinen Gesteine sowie nahezu alle Messstellen des Tertiär und der Oberen Süßwassermolasse.
Die Mitte August aufgetretenen Niederschläge hatten eine leichte Entschärfung der Niedrigwassersituation zur Folge. Im weiteren Verlauf waren dann insgesamt gleichbleibende Verhältnisse zu beobachten. Regional gefallene, z.T. intensivere Niederschläge, führten dann Mitte September zu einer merklichen Verbesserung der Niedrigwassersituation v.a. in einigen schnell reagierenden Grundwasserleitern. Besonders fließgewässernahe und flache Grundwassermessstellen verzeichnen zuletzt einen Anstieg der Grundwasserstände. Im Voralpenland und in der tertiären Vorlandmolasse sowie in Teilbereichen des Fränkischen Jura (Tiefer Karst) blieben deutliche Reaktionen auf die Niederschlagsereignisse bisher jedoch noch aus.
Über ganz Bayern betrachtet liegt der aktuelle Anteil der niedrig klassifizierten Messstellen im obersten Grundwasserstockwerk mit rd. 53% (Abb. 2) über dem Niveau der Jahre 2020 (rd. 49%) und 2021 (rd. 16%). Nur während des ausgeprägten Trockenjahres 2015 war der Anteil niedriger Messstellen zum 18. September mit rd. 65% noch höher.
Auf Grund der bayernweit stark ausgetrockneten Böden sowie dem hohen Wasserbedarf der Vegetation ist für das weitere hydrologische Sommerhalbjahr (Mai bis Oktober) mit stagnierenden bzw. rückläufigen Grundwasserständen und Quellschüttungen zu rechnen, falls weitere ergiebige Niederschläge ausbleiben. Bei neu einsetzender Trockenheit wird sich die Anzahl an Messstellen mit niedrigen Werten wieder erhöhen.
Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Als Folge der teilweise sehr feuchten Sommermonate 2021 kam es zu einer geringfügigen Erholung, welche sich jedoch als nicht nachhaltig erwies. Der Anteil der aktuell als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen liegt mit rd. 71% noch über dem Niveau des Jahres 2021 (rd. 59%) und in der Größenordnung des Jahres 2020 (rd. 72%). Besonders von niedrigen Grundwasserständen betroffen sind die Messstellen des Jura von Oberfranken bis Schwaben, des mittelfränkischen Sandsteinkeupers sowie des Tertiärs zwischen Alpenvorland und Donau.
Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern bereits seit 2003, und somit seit nahezu 20 Jahren, ein mittleres jährliches Defizit von rd. 16% auf. Diese Situation hat sich durch das erneut unterdurchschnittliche Jahr 2021 nicht gebessert. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020) kann dieses Defizit allenfalls durch ein außergewöhnlich niederschlagsreiches Winterhalbjahr 2022/23 verringert werden.
Öffentliche Trinkwasserversorgung:
Insgesamt gesehen ist die öffentliche Trinkwasserversorgung in Bayern gewährleistet. Aufgrund der Trockenheit kommt es jedoch zu vereinzelten, lokal beschränkten temporären Engpässen in der öffentlichen Trinkwasserversorgung in der Oberpfalz, Oberfranken und Unterfranken. In den betroffenen Bereichen ergingen vorsorglich Aufrufe an die Bevölkerung zum Wassersparen, teilweise in Ober- und Unterfranken verbunden mit Einschränkungen des Wassergebrauchs, z.B. Verbot von Autowäsche, Gartengießen oder Befüllen von Swimmingpools. In einem Fall in Oberfranken müssen zwei Ortsteile einer Gemeinde, da dort die zur Trinkwasserversorgung genutzten Quellen versiegten, mittels Tankwagen und Einspeisung des Trinkwassers in den Hochbehälter versorgt werden. In einem Fall in Unterfranken darf Trinkwasser nur noch zum Trinken, Kochen und Duschen verwendet werden.“
Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt.
Viele Fließgewässer in ganz Bayern sind zwar noch erwärmt, kühlen sich jedoch insbesondere aufgrund der niedrigeren Temperaturen allmählich ab. Es werden keine Überschreitungen der gesetzlichen Orientierungswerte der Wassertemperatur mehr gemessen, wie sie für verschiedene Fischgemeinschaften in der Oberflächengewässerverordnung festgelegt sind.
Betrachtet man die Abflussverhältnisse, so weisen viele Fließgewässer v.a. südlich der Donau nach wie vor sehr geringe Abflüsse auf oder sind noch immer trocken. Vor diesem Hintergrund muss die Situation für die Fische insgesamt weiterhin als angespannt eingestuft werden.
Insgesamt haben sich die Abflussverhältnisse durch die Niederschläge der letzten Tage etwas entspannt. Insbesondere in vielen Fließgewässern nördlich der Donau verbessern sich die gewässerökologischen Bedingungen damit wieder. Trotz dieser aktuell positiven Entwicklungen muss man aber auch auf mögliche langfristige Auswirkungen hinweisen. Niedrige Abflüsse und trockenfallende Oberläufe sind ein natürliches Phänomen in unseren Fließgewässern. Zahlreiche Gewässerorganismen sind in ihrer Lebensweise, mit Überdauerungsformen, mit Lebensphasen außerhalb des Wassers, mit hoher Mobilität oder auch hohem Wiederbesiedlungspotential an diesen extremen Lebensraum angepasst. In Trockenjahren wie 2022 müssen wir allerdings davon ausgehen, dass viele dieser Strategien auch an ihre Grenzen kommen und sich die Lebensgemeinschaften nicht vollständig regenerieren werden. Im Jahr 2022 trocknen auch üblicherweise immer wasserführende Unterläufe einzelner Fließgewässer aus. In den Muschel- oder Flusskrebsgewässern Oberfrankens, Schwabens und Oberbayerns fallen dadurch die Lebensräume seltener Arten trocken. Wir müssen davon ausgehen, dass durch diese temporären Lebensraumverluste nicht nur begrenzte Verluste in den Lebensgemeinschaften, wie lokale Fischsterben, auftreten. Sondern, dass diese lang anhaltenden und ausgedehnten Austrocknungen und Extremniedrigwässer möglicherweise dauerhafte Schäden in der Artenzusammensetzung unserer Fließgewässern hervorrufen können.
An Main und Donau mit ausgewiesenen Alarmplänen werden im Moment alle Schwellenwerte für Sauerstoff, Wassertemperatur und Abfluss eingehalten. An der Donau sind noch immer sehr niedrige Abflüsse und jahreszeitlich betrachtet relativ hohe Wassertemperaturen zu beobachten. Am Main wurden kurzzeitig absinkende Sauerstoffwerte gemessen, die vermutlich auf eine absterbende Massenentwicklung planktischer Algen zurückzuführen ist.
Entwicklung in den Seen
Die Gewässerökologie der großen und tiefen Seen wird maßgeblich von der Temperaturentwicklung im Jahresverlauf geprägt. Die kalten Phasen im Winter sind notwendig um die Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers zu sichern und somit Fäulnisprozesse in der Tiefe zu verhindern. Je wärmer das Oberflächenwasser eines Sees im Sommer wird, desto länger dauert es, bis der See im Herbst und Winter so weit abkühlt, dass Sauerstoff in die Tiefe gelangen kann. Bei einer Niedrigwasserlage mit einem geringen Zustrom von kühlerem Grund- und Oberflächenwasser in die Seen werden höhere Temperaturen verstärkt. Sonnenlicht und Wärme fördern die Bildung mikroskopisch kleiner im Wasser schwebender Algen, die wiederum nach ihrem Absterben auf den Grund absinken und zur Sauerstoffzehrung in der Tiefe des Sees beitragen. Um eine Beeinträchtigung der Ökologie des Freiwassers durch Sauerstoffmangel feststellen zu können, werden die Temperatur- und Sauerstoffwerte im weiteren Jahresverlauf ausgewertet. Aufgrund der Jahreszeit treten die wärmeinduzierten Phänomene, wie z.B. Massenentwicklungen von Blaualgen nun langsam in den Hintergrund.
Die Niederschläge der vergangenen Tage haben den Wasserstand einiger Seen leicht erhöht, aber nicht zu einer substanziellen Besserung der Niedrigwassersituation in den Seen geführt. Weiterhin gibt es die als „niedrig“ oder „sehr niedrig“ eingestuften Wasserstände. Große Teile der Uferbereiche sind trockengefallen. Die dort siedelnden auf Wasser angewiesenen Organismen sind in größere Tiefen gewandert oder abgestorben, wie z.B. die Pflanzen, Algen und Muscheln der Flachwasserzone. Röhrichtbestände sind von der Wasserfläche abgeschnitten und stehen als Rückzugsraum, Schutzzone vor Fraßfeinden und Laichhabitat für Fische und Insekten nicht mehr zur Verfügung. Die Röhrichtpflanzen selbst sind durch Trockenheit gefährdet. Inwieweit diese Situation die Tier-und Pflanzengesellschaft der Uferbereiche und damit dieses empfindliche Ökosystem dauerhaft geschädigt hat, werden erst zukünftige Untersuchungen zeigen können.
Ausblick:
Die derzeitige Trendvorhersage des Deutschen Wetterdienstes prognostiziert bis zum 09. Oktober durchschnittliche (Kalenderwochen 38 und 40) sowie zu nasse Niederschlags-verhältnisse (Kalenderwoche 39) bei wechselhaften Temperaturen (zu kalt, mittel und dann etwas zu warm). Diese Einstufungen ergeben sich aus dem Vergleich mit dem Referenzzeitraum 2002 bis 2021. Bei unbeständigem Wetter mit zeitweiligen Regenfällen wird sich die Niedrigwasserlage nicht grundlegend ändern.
Witterung:
Der Niederschlag des bisherigen hydrologischen Sommerhalbjahres (01.05 bis 18.09.2022) summiert sich in Nordbayern auf 268mm (77% vom Mittel 1971 bis 2000) und in Südbayern auf 478mm (86% vom Mittel). Nach den flächenhaften Niederschlagsereignissen der letzten Wochen, wird der September als erster Monat des Sommerhalbjahres zu nass ausfallen (Abb. 1). Der Niederschlagsindex der letzten 90 Tage (SPI) klassifiziert Teile Oberbayerns und Niederbayerns als sehr trocken, weite Teile Frankens als durchschnittlich. Das bisherige hydrologische Jahr (01.11.2021 bis 18.09.2022) bleibt aber weiterhin zu trocken mit einem Niederschlagsdefizit von 96 mm für Nordbayern und 191mm für Südbayern. Im laufenden Kalenderjahr 2022 variiert die Anzahl der Sommertage zwischen 48 (Hof), 72 (Augsburg), 83 (Würzburg) und 89 (Regensburg). Im Vergleich zum langjährigen Mittel waren das stationsabhängig 27 bis 43 zusätzliche Sommertage. Die Spannweite der heißen Tage reicht von 9 (Hof), über 15 (München) bis 34 (Regensburg) und damit wird das Drei- bis Fünffache des jeweiligen Stationsmittelwertes erreicht.
Fließgewässer:
Die ausgiebigen Niederschläge der vergangenen Tage haben in weiten Teilen Bayerns für eine Entspannung der Niedrigwassersituation an den Fließgewässern gesorgt. Nördlich des Alpenvorlandes werden an den gewässerkundlichen Pegeln aktuell aber noch immer niedrige bis sehr niedrige Abflüsse beobachtet. An einigen Pegeln liegen die Abflüsse weiterhin unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ). Günstiger ist die Abflusssituation an Fließgewässerabschnitten, die durch Speicherabgaben gestützt werden. Eine solche Abflusserhöhung erfolgt derzeit z. B. an der Rednitz/Regnitz durch Abgaben aus dem Roth- sowie Brombachsee (siehe Speicher). Für die kommenden Tage sind weitere Niederschläge vorhergesagt, so dass sich die Niedrigwassersituation voraussichtlich nicht wesentlich intensivieren wird, in Teilbereichen kann eine erneute Abnahme der Abflüsse aber nicht ausgeschlossen werden.
Seen und Speicher:
An den Seen hat sich die Niedrigwassersituation vor allem an den Alpen etwas entspannt. An einigen großen Seen im Süden Bayerns werden weiterhin niedrige bis sehr niedrige Wasserstände registriert.
Die Niederschläge der vergangenen Tage sorgten überwiegend für einen Wiederanstieg in den Betriebsräumen der Talsperren mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung. Sie sind derzeit zwischen 42% und 100% gefüllt und können für die Niedrigwasseraufhöhung in Anspruch genommen werden.
An den vier Anlagen, Ellertshäuser See, Eixendorfer See, Liebensteinspeicher und Trinkwassertalsperre (TWT) Mauthaus werden aktuell Baumaßnahmen durchgeführt, so dass dort keine bzw. nur sehr begrenzt Niedrigwasseraufhöhung erfolgen kann. Der Ellertshäuser See ist für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen komplett abgestaut (siehe auch: https://wwa-ellertshaeusersee.de), sein Wiederaufstau beginnt noch im September. Der Eixendorfer See ist für Sanierungen teilabgestaut. Der Liebensteinspeicher wurde für Brückenabrissarbeiten der Gemeinde Plößberg ebenfalls teilabgestaut. An der TWT Mauthaus laufen umfangreiche Sanierungsarbeiten, die Trinkwasserversorgung hat dort Vorrang.
Die Hauptlast der Main-Donau-Überleitung trägt zur Zeit der mit Donauwasser gespeiste Rothsee bei einer Abgabe von 1,0m³/s. Der durch Altmühlwasser gespeiste Große Brombachsee leitet momentan 0,3m³/s in das Main-Einzugsgebiet ein.
Die Betriebsräume der Trinkwasserspeicher Mauthaus und Frauenau sind derzeit zur uneingeschränkten Wasserlieferung an die Fernwasserversorger ausreichend gefüllt.
Grundwasserstände:
Die Grundwasserneubildung und die damit einhergehende Erholung der Grundwasserstände findet vorwiegend im hydrologischen Winterhalbjahr (November bis April) statt. Die Niederschlagsbilanz des vergangenen Winterhalbjahres 2021/22 fiel jedoch, besonders in Südbayern (74% vom Mittel), erneut zu trocken aus. Auch die Folgemonate Mai, Juni, Juli sowie z.T. der August waren in weiten Teilen Bayerns erheblich zu trocken.
Das für diese Jahreszeit übliche Niveau der Grundwasserstände und Quellschüttungen wird aktuell v.a. in Teilen des ostbayerischen Kristallins, in Teilen Unter- und Mittelfrankens sowie längs der Donau erreicht. In den übrigen nordbayerischen Regionen werden vermehrt (sehr) niedrige Grundwasserstände registriert. Besonders betroffen sind hier der fränkische Jura und zum Teil Messstellen entlang der nordbayerischen Flüsse (Quartär). In Südbayern hingegen unterschreiten die meisten Messstellen das für diese Jahreszeit übliche Niveau weiterhin deutlich. Besonders betroffen sind hier viele Messstellen des Quartär und der Alpinen Gesteine sowie nahezu alle Messstellen des Tertiär und der Oberen Süßwassermolasse.
Die Mitte August aufgetretenen Niederschläge hatten eine leichte Entschärfung der Niedrigwassersituation zur Folge. Im weiteren Verlauf waren dann insgesamt gleichbleibende Verhältnisse zu beobachten. Regional gefallene, z.T. intensivere Niederschläge, führten dann Mitte September zu einer merklichen Verbesserung der Niedrigwassersituation v.a. in einigen schnell reagierenden Grundwasserleitern. Besonders fließgewässernahe und flache Grundwassermessstellen verzeichnen zuletzt einen Anstieg der Grundwasserstände. Im Voralpenland und in der tertiären Vorlandmolasse sowie in Teilbereichen des Fränkischen Jura (Tiefer Karst) blieben deutliche Reaktionen auf die Niederschlagsereignisse bisher jedoch noch aus.
Über ganz Bayern betrachtet liegt der aktuelle Anteil der niedrig klassifizierten Messstellen im obersten Grundwasserstockwerk mit rd. 53% (Abb. 2) über dem Niveau der Jahre 2020 (rd. 49%) und 2021 (rd. 16%). Nur während des ausgeprägten Trockenjahres 2015 war der Anteil niedriger Messstellen zum 18. September mit rd. 65% noch höher.
Auf Grund der bayernweit stark ausgetrockneten Böden sowie dem hohen Wasserbedarf der Vegetation ist für das weitere hydrologische Sommerhalbjahr (Mai bis Oktober) mit stagnierenden bzw. rückläufigen Grundwasserständen und Quellschüttungen zu rechnen, falls weitere ergiebige Niederschläge ausbleiben. Bei neu einsetzender Trockenheit wird sich die Anzahl an Messstellen mit niedrigen Werten wieder erhöhen.
Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Als Folge der teilweise sehr feuchten Sommermonate 2021 kam es zu einer geringfügigen Erholung, welche sich jedoch als nicht nachhaltig erwies. Der Anteil der aktuell als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen liegt mit rd. 71% noch über dem Niveau des Jahres 2021 (rd. 59%) und in der Größenordnung des Jahres 2020 (rd. 72%). Besonders von niedrigen Grundwasserständen betroffen sind die Messstellen des Jura von Oberfranken bis Schwaben, des mittelfränkischen Sandsteinkeupers sowie des Tertiärs zwischen Alpenvorland und Donau.
Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern bereits seit 2003, und somit seit nahezu 20 Jahren, ein mittleres jährliches Defizit von rd. 16% auf. Diese Situation hat sich durch das erneut unterdurchschnittliche Jahr 2021 nicht gebessert. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020) kann dieses Defizit allenfalls durch ein außergewöhnlich niederschlagsreiches Winterhalbjahr 2022/23 verringert werden.
Öffentliche Trinkwasserversorgung:
Insgesamt gesehen ist die öffentliche Trinkwasserversorgung in Bayern gewährleistet. Aufgrund der Trockenheit kommt es jedoch zu vereinzelten, lokal beschränkten temporären Engpässen in der öffentlichen Trinkwasserversorgung in der Oberpfalz, Oberfranken und Unterfranken. In den betroffenen Bereichen ergingen vorsorglich Aufrufe an die Bevölkerung zum Wassersparen, teilweise in Ober- und Unterfranken verbunden mit Einschränkungen des Wassergebrauchs, z.B. Verbot von Autowäsche, Gartengießen oder Befüllen von Swimmingpools. In einem Fall in Oberfranken müssen zwei Ortsteile einer Gemeinde, da dort die zur Trinkwasserversorgung genutzten Quellen versiegten, mittels Tankwagen und Einspeisung des Trinkwassers in den Hochbehälter versorgt werden. In einem Fall in Unterfranken darf Trinkwasser nur noch zum Trinken, Kochen und Duschen verwendet werden.“
Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt.
Viele Fließgewässer in ganz Bayern sind zwar noch erwärmt, kühlen sich jedoch insbesondere aufgrund der niedrigeren Temperaturen allmählich ab. Es werden keine Überschreitungen der gesetzlichen Orientierungswerte der Wassertemperatur mehr gemessen, wie sie für verschiedene Fischgemeinschaften in der Oberflächengewässerverordnung festgelegt sind.
Betrachtet man die Abflussverhältnisse, so weisen viele Fließgewässer v.a. südlich der Donau nach wie vor sehr geringe Abflüsse auf oder sind noch immer trocken. Vor diesem Hintergrund muss die Situation für die Fische insgesamt weiterhin als angespannt eingestuft werden.
Insgesamt haben sich die Abflussverhältnisse durch die Niederschläge der letzten Tage etwas entspannt. Insbesondere in vielen Fließgewässern nördlich der Donau verbessern sich die gewässerökologischen Bedingungen damit wieder. Trotz dieser aktuell positiven Entwicklungen muss man aber auch auf mögliche langfristige Auswirkungen hinweisen. Niedrige Abflüsse und trockenfallende Oberläufe sind ein natürliches Phänomen in unseren Fließgewässern. Zahlreiche Gewässerorganismen sind in ihrer Lebensweise, mit Überdauerungsformen, mit Lebensphasen außerhalb des Wassers, mit hoher Mobilität oder auch hohem Wiederbesiedlungspotential an diesen extremen Lebensraum angepasst. In Trockenjahren wie 2022 müssen wir allerdings davon ausgehen, dass viele dieser Strategien auch an ihre Grenzen kommen und sich die Lebensgemeinschaften nicht vollständig regenerieren werden. Im Jahr 2022 trocknen auch üblicherweise immer wasserführende Unterläufe einzelner Fließgewässer aus. In den Muschel- oder Flusskrebsgewässern Oberfrankens, Schwabens und Oberbayerns fallen dadurch die Lebensräume seltener Arten trocken. Wir müssen davon ausgehen, dass durch diese temporären Lebensraumverluste nicht nur begrenzte Verluste in den Lebensgemeinschaften, wie lokale Fischsterben, auftreten. Sondern, dass diese lang anhaltenden und ausgedehnten Austrocknungen und Extremniedrigwässer möglicherweise dauerhafte Schäden in der Artenzusammensetzung unserer Fließgewässern hervorrufen können.
An Main und Donau mit ausgewiesenen Alarmplänen werden im Moment alle Schwellenwerte für Sauerstoff, Wassertemperatur und Abfluss eingehalten. An der Donau sind noch immer sehr niedrige Abflüsse und jahreszeitlich betrachtet relativ hohe Wassertemperaturen zu beobachten. Am Main wurden kurzzeitig absinkende Sauerstoffwerte gemessen, die vermutlich auf eine absterbende Massenentwicklung planktischer Algen zurückzuführen ist.
Entwicklung in den Seen
Die Gewässerökologie der großen und tiefen Seen wird maßgeblich von der Temperaturentwicklung im Jahresverlauf geprägt. Die kalten Phasen im Winter sind notwendig um die Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers zu sichern und somit Fäulnisprozesse in der Tiefe zu verhindern. Je wärmer das Oberflächenwasser eines Sees im Sommer wird, desto länger dauert es, bis der See im Herbst und Winter so weit abkühlt, dass Sauerstoff in die Tiefe gelangen kann. Bei einer Niedrigwasserlage mit einem geringen Zustrom von kühlerem Grund- und Oberflächenwasser in die Seen werden höhere Temperaturen verstärkt. Sonnenlicht und Wärme fördern die Bildung mikroskopisch kleiner im Wasser schwebender Algen, die wiederum nach ihrem Absterben auf den Grund absinken und zur Sauerstoffzehrung in der Tiefe des Sees beitragen. Um eine Beeinträchtigung der Ökologie des Freiwassers durch Sauerstoffmangel feststellen zu können, werden die Temperatur- und Sauerstoffwerte im weiteren Jahresverlauf ausgewertet. Aufgrund der Jahreszeit treten die wärmeinduzierten Phänomene, wie z.B. Massenentwicklungen von Blaualgen nun langsam in den Hintergrund.
Die Niederschläge der vergangenen Tage haben den Wasserstand einiger Seen leicht erhöht, aber nicht zu einer substanziellen Besserung der Niedrigwassersituation in den Seen geführt. Weiterhin gibt es die als „niedrig“ oder „sehr niedrig“ eingestuften Wasserstände. Große Teile der Uferbereiche sind trockengefallen. Die dort siedelnden auf Wasser angewiesenen Organismen sind in größere Tiefen gewandert oder abgestorben, wie z.B. die Pflanzen, Algen und Muscheln der Flachwasserzone. Röhrichtbestände sind von der Wasserfläche abgeschnitten und stehen als Rückzugsraum, Schutzzone vor Fraßfeinden und Laichhabitat für Fische und Insekten nicht mehr zur Verfügung. Die Röhrichtpflanzen selbst sind durch Trockenheit gefährdet. Inwieweit diese Situation die Tier-und Pflanzengesellschaft der Uferbereiche und damit dieses empfindliche Ökosystem dauerhaft geschädigt hat, werden erst zukünftige Untersuchungen zeigen können.
Ausblick:
Die derzeitige Trendvorhersage des Deutschen Wetterdienstes prognostiziert bis zum 09. Oktober durchschnittliche (Kalenderwochen 38 und 40) sowie zu nasse Niederschlags-verhältnisse (Kalenderwoche 39) bei wechselhaften Temperaturen (zu kalt, mittel und dann etwas zu warm). Diese Einstufungen ergeben sich aus dem Vergleich mit dem Referenzzeitraum 2002 bis 2021. Bei unbeständigem Wetter mit zeitweiligen Regenfällen wird sich die Niedrigwasserlage nicht grundlegend ändern.