Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern

Niedrigwasser-Lagebericht Bayern

Ausgegeben am 05.07.22, 14:00 Uhr

In Nordbayern sind nur 40 Prozent des südbayerischen Niederschlages gefallen. Rund 60 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen weisen niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken zeigen 71 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.

Witterung:
Nach dem zu trockenen Winterhalbjahr, startet auch das hydrologische Sommerhalbjahr zu trocken. So summiert sich der Niederschlag vom 01.05. bis 04.07.2022 in Nordbayern auf 95mm (58% vom Mittel 1971 bis 2000) und in Südbayern auf 241mm (95% vom Mittel). In Südbayern traten häufig heftige Gewitter sowie lokal unwetterartige Starkregenfälle mit Hagelschlag auf und dies erklärt den 2,5-fach höheren Niederschlag im Süden. Der Niederschlagsindex der letzten 90 Tage (SPI) klassifiziert insbesondere den Bereich nördlich der Donau, mit Ausnahme der niederbayerischen Teile, als mäßig bis extrem trocken. Das Juni-Lufttemperaturmittel liegt um 3,7 Grad deutlich über dem langjährigen Durchschnitt und seit November 2021 sind es nun acht aufeinanderfolgend zu warme Monate. Außerdem ist der Juni 2022 der dreizehnte zu warme Juni in Folge und der drittwärmste Juni in der 142-jährigen Messreihe (nach 2003 und 2019). Die Anzahl der Juni-Sommertage erreicht vielerorts das 2,5-fache des Mittels: Hof 13, Augsburg 17, Würzburg 19 und Nürnberg 20. Die frühe Hitzewelle erzeugte auch überdurchschnittlich viele heiße Tage im Juni: Hof 2, Augsburg 2, Nürnberg 6 und Würzburg 6.

Fließgewässer:
Der vor allem nördlich des Alpenvorlandes zu trockene Juni und die Hitzeperioden haben dort die Niedrigwassersituation weiter intensiviert. Die räumliche Ausdehnung der Niedrigwassersituation an den Oberflächengewässern spiegelt den 90 Tage Dürreindex des Niederschlages wider. Nahezu flächendeckend mit Ausnahme des Alpenbereiches sind an den gewässerkundlichen Pegeln niedrige Abflüsse zu verzeichnen. Nördlich des Alpenvorlandes mit Schwerpunkt im Nordosten Bayerns, im Frankenwald und Fichtelgebirge bewegen sich die Abflüsse vielfach unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ) oder im Bereich des MNQ und werden als sehr niedrig eingestuft. Etwas günstiger ist die Abflusssituation an den Fließgewässerabschnitten, die durch Speicherabgaben gestützt werden. Eine solche Abflusserhöhung erfolgt z. B. an der Rednitz/Regnitz durch Abgaben aus dem Brombach- sowie Rothsee oder an der Isar durch Abgaben aus dem Sylvensteinspeicher.
Da für die kommenden Tage für Nordbayern weiterhin keine relevanten flächenhaften Niederschläge erwartet werden, werden die Abflüsse auf sehr niedrigem Niveau verharren ober weiter langsam abnehmen. Gewitterniederschläge werden nur lokal und kurzfristig zu Abflussanstiegen führen.

Seen und Speicher:
An einigen Seen im Süden Bayerns werden niedrige Wasserstände registriert.
Die Betriebsräume der Talsperren mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung sind derzeit zwischen 75 und 100% gefüllt. Sie können für die Niedrigwasseraufhöhung in Anspruch genommen werden. Davon ausgenommen sind die drei Anlagen Ellertshäuser See, Eixendorfer See und Liebensteinspeicher, an denen aktuell Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Am Ellertshäuser See laufen derzeit umfangreiche Sanierungsmaßnahmen, der See ist komplett abgestaut. Weitergehende Informationen sind im Internet unter https://wwa-ellertshaeusersee.de/ zu finden. An der Anlage Eixendorfer See erfolgen ebenfalls Sanierungsmaßnahmen, die einen aktuellen Teilabstau der Talsperre auf das Absenkziel erforderlich machen. Der Liebensteinspeicher wurde für Brückenabrissarbeiten der Gemeinde Plößberg teilabgestaut und befindet sich im Wiederaufstau.

Das Überleitungssystem Donau-Main kann derzeit über den Main-Donau-Kanal unter Mitwirkung des Rothsees das Maingebiet planmäßig mit Donauwasser versorgen.
Die Betriebsräume der Trinkwasserspeicher Mauthaus und Frauenau sind derzeit zur uneingeschränkten Wasserlieferung an die Fernwasserversorger ausreichend gefüllt.

Grundwasserstände:
Üblicherweise findet die Grundwasserneubildung und die damit einhergehende Erholung der Grundwasserstände vor allem im hydrologischen Winterhalbjahr (November bis April) statt. Die Niederschlagsbilanz des vergangenen Winterhalbjahres 2021/22 fiel jedoch, besonders in Südbayern, erneut zu trocken aus. Nach den zu trockenen Monaten Mai und Juni hat sich der Anteil niedriger Grundwassermessstellen bayernweit auf derzeit rd. 60% erhöht (s. Abb. 2).
Während nun auch in Nordbayern an vielen Messstellen vermehrt niedrige Grundwasserstände registriert werden, unterschreiten viele Messstellen in Südbayern das für diese Jahreszeit übliche Niveau bereits schon länger. Sehr niedrige Grundwasserstände werden derzeit zwischen Alpenvorland und Donau (Quartär, Tertiär und obere Süßwassermolasse), im fränkischen Jura und zum Teil entlang der nordbayerischen Flüsse (Quartär) registriert. Vereinzelt werden auch neue Niedrigstwerte gemessen. Über ganz Bayern betrachtet liegt der aktuelle Anteil der niedrig klassifizierten Messstellen im obersten Grundwasserstockwerk (rd. 60%) über dem Niveau der Jahre 2020 (rd. 31%) und 2021 (rd. 32%). Auch im Trockenjahr 2018 war Anfang Juli der Anteil niedriger Messstellen geringer (rd. 46%). Auf Grund der vielerorts ausgetrockneten Böden sowie dem hohen Wasserbedarf der Vegetation ist im weiteren Verlauf des hydrologischen Sommerhalbjahres (Mai bis Oktober) mit weiter rückläufigen Grundwasserständen und Quellschüttungen zu rechnen.

Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Zuletzt kam es, als Folge der teilweise sehr feuchten Sommermonate 2021, zu einer geringfügigen Erholung welche sich jedoch insgesamt als nicht nachhaltig erwies. Die Anzahl der als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen liegt mit derzeit rd. 71% nun erneut über dem Niveau der Jahre 2020 (rd. 62%) und 2021 (rd. 68%). Besonders von niedrigen Grundwasserständen betroffen sind Messstellen des Jura von Oberfranken bis Schwaben, des Tertiärs zwischen Alpenvorland und Donau sowie des mittelfränkischen Sandsteinkeupers.

Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern bereits seit 2003, und somit seit fast 20 Jahren, ein mittleres jährliches Defizit von rd. 16% auf. Diese Situation hat sich durch das erneut unterdurchschnittliche Jahr 2021 nicht gebessert. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020) kann dieses Defizit nicht nachhaltig durch einzelne regenreiche Wochen ausgeglichen werden.

Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt. Während die Wassertemperaturen in den meisten Fließgewässern in einem jahreszeitlich nicht ungewöhnlichen Bereich liegen, weisen mehr als die Hälfte aller Fließgewässer mit Abflussmessungen in Bayern einen auffällig niedrigen Abfluss auf. In 24 Prozent der Gewässer liegt der Abfluss schon längere Zeit unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss MNQ. Hält diese Situation wie in diesem Jahr länger an, sind ökologische Auswirkungen bei steigenden Wassertemperaturen, schlechter Sauerstoffversorgung und im Extremfall bei Trockenfallen der Gewässer nicht mehr auszuschließen.
In Oberfranken werden daher insbesondere die Flussperlmuschelbäche besonders intensiv überwacht und Schutzmaßnahmen vorbereitet. Wasserentnahmen aus diesen Bächen wurden durch den Landkreis Hof per Allgemeinverfügung verboten.
Für Main und Donau liegen gewässerökologische Alarmpläne vor, um frühzeitig auf kritische Situationen reagieren zu können. Hier liegen die Wassertemperaturen bisher noch nicht auf einem kritischen Niveau. Die Sauerstoffkonzentrationen liegen bei Kahl am Main in den Nachtstunden bereits in einem ungünstigen Bereich und unterschreiten dann die Orientierungswerte nach Oberflächengewässerverordnung.

In den Seen befinden sowohl sich die Wasserstände als auch die Temperaturwerte zurzeit im normalen Bereich. Negative Auswirkungen auf das Ökosystem, vor allem in der Flachwasserzone mit ihren sehr eng an diesen Lebensraum angepassten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten sind daher momentan nicht zu befürchten.

Ausblick:
Die derzeitige Trendvorhersage des Deutschen Wetterdienstes prognostiziert bis Ende Juli überwiegend zu trockene Niederschlagsverhältnisse im Vergleich zum Referenzzeitraum 2002 bis 2021 (Ausnahme: durchschnittliche Kalenderwoche 29). Daher wird sich die Niedrigwasserlage voraussichtlich ausweiten.

Abb.1: Abweichungen vom mittleren Monatsniederschlag (1971-2000) für die Regionen Nord- und Südbayern im Verlauf der letzten 2 Jahre.



Abb.2: Anteil an Grundwassermessstellen und Quellen mit der Klassifizierung niedrig, sehr niedrig bzw. neuer Niedrigstwert im oberen Grundwasserstockwerk im Verlauf der letzten 2 Jahre.




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