Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern

Niedrigwasser-Lagebericht Bayern

Ausgegeben am 25.03.22, 14:30 Uhr

Das bisherige Winterhalbjahr fällt zu warm und zu trocken aus. Rund 63 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen weisen niedrige und sehr niedrige Grundwasserstände auf. In den tieferen Grundwasser-Stockwerken zeigen 71 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.

Witterung:
Die Niederschlagssumme des bisherigen hydrologischen Winterhalbjahres (01.11. bis 24.03.2022) beträgt für Nordbayern 269mm (89% vom Mittel 1971-2000) und für Südbayern 250mm (72% vom Mittel). In Nordbayern fielen alle drei Wintermonate Dezember, Januar und Februar zu nass aus und nur November und März blieben statistisch zu trocken. Neben dem zu nassen Dezember, verzeichnet Südbayern im bisherigen Winterhalbjahr nur zu trockene Monate (s. Abb. 1). Seit Ende Februar sorgten wiederholte Hochdrucklagen für nahezu trockenes Wetter. Im März waren bisher nur 3 bis 4 Niederschlagstage zu verzeichnen und dadurch könnte der März markant zu trocken ausfallen. Der Niederschlagsindex der letzten 90 Tage (SPI) klassifiziert Teile des südlichen Schwabens und Oberbayerns als sehr trocken. Die Temperaturbilanz des bisherigen Winterhalbjahres ist eindeutig. So fielen alle Monate im langjährigen Vergleich (Mittel 1971-2000) zu warm aus. Ein weiterer Indikator für das zu warme Winterhalbjahr ist die sehr geringe Zahl an Eistagen, das sind Tage an denen das Maximum der Lufttemperatur unter 0°C liegt (Würzburg: 0, München: 4, Augsburg: 6 und Hof: 15). So liegt die Gesamtzahl der Eistage der genannten Stationen um 20 bis 28 Tage unter dem Mittel 1971-2000.

Fließgewässer:
Aufgrund der Trockenheit sinken seit dem letzten Februardrittel die Wasserstände an den Pegeln der Fließgewässer stetig. Ausnahme bilden die Fließgewässer im Bereich der Alpen und des Bayerischen Waldes, wo Schneeschmelze die Abflüsse stützt. Außerhalb dieser Gebiete herrschen in Bayern mittlerweile für die Jahreszeit niedrige Abflüsse vor. An einigen Pegeln liegen die Abflüsse unterhalb des langjährigen mittleren Niedrigwasserabflusses (MNQ) und werden als sehr niedrig eingestuft.

Seen und Speicher:
Auch an den Seen im Süden Bayerns werden vielfach niedrige Wasserstände registriert. Vereinzelt bewegen sich die Wasserstände im sehr niedrigen Bereich.
An den staatlichen Talsperren sind die Betriebsräume zur Niedrigwasseraufhöhung derzeit zwischen 73 und 100% gefüllt. Die Seewasserstände liegen, der Jahreszeit entsprechend, auf einem durchschnittlichen Niveau. Größere Seepegeländerungen waren in den vergangenen 14 Tagen nicht feststellbar. Der Betriebsraum für die Niedrigwasseraufhöhung steht, mit Ausnahme der drei nachfolgend genannten Speicher, an denen aktuell Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, bei allen staatlichen Wasserspeichern mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung zur Verfügung. Am Ellertshäuser See laufen derzeit umfangreiche Sanierungsmaßnahmen, der See ist komplett abgestaut. Weitergehende Informationen sind auf der Webpage unter https://wwa-ellertshaeusersee.de/ zu finden. An der Anlage Eixendorfer See erfolgen ebenfalls Sanierungsmaßnahmen, die einen aktuellen Teilabstau der Talsperre auf das Absenkziel erforderlich machen. Der Liebensteinspeicher wurde für Brückenabrissarbeiten der Gemeinde Plößberg teilabgestaut und befindet sich im Wiederanstau.
Die Überleitung Donau-Main kann derzeit über den Main-Donau-Kanal unter Mitwirkung des Rothsees nur gedrosselt erfolgen. Dies ist der Schifffahrtssperre am Donau – Mainkanal, welche wegen Wartungsarbeiten weiterhin in Kraft ist, geschuldet. Es ist lediglich eine Wasserabgabe von 0,25m³/s aus dem Rothsee möglich.

Die Betriebsräume der Trinkwasserspeicher Mauthaus und Frauenau sind der momentanen Wettersituation entsprechend ausreichend gefüllt. Die Wasserlieferung an die Fernwasserversorger erfolgt uneingeschränkt.

Grundwasserstände:
Üblicherweise findet die Grundwasserneubildung und die damit einhergehende Erholung der Grundwasserstände vor allem im hydrologischen Winterhalbjahr (November bis April) statt. Noch im Herbst 2021 herrschte bayernweit eine längere Trockenperiode. Vor allem in Nordbayern hatte sich die Niedrigwasserssituation im Grundwasser auf Grund der (über-)durchschnittlich feuchten Monate Januar und Februar 2022 zwischenzeitlich aber gebessert. Trotz der aktuell ausgeprägten Trockenperiode mit fallenden Grundwasserständen und Quellschüttungen, sind die Messwerte häufig noch nicht auf einem niedrigen Niveau. In Südbayern hingegen fiel das bisherige Jahr 2022 deutlich zu trocken aus. Entsprechend fehlen hier ausreichende Grundwasserneubildungsraten, was sich nahezu flächendeckend in abnehmenden Messwerten widerspiegelt. In der Folge unterschreiten aktuell die Messwerte zahlreicher Grundwasser- und Quellmessstellen das für diese Jahreszeit übliche Niveau des Grundwasserstandes bzw. der üblichen Quellschüttung.
Die bisher bayernweit an vielen fließgewässerfernen Grundwassermessstellen beobachtete abnehmende Tendenz der Grundwasserstände hat sich auch über die Wintermonate nicht grundlegend geändert. Sehr niedrige Grundwasserstände werden derzeit vor allem an Messstellen zwischen Alpenvorland und Donau (Quartär und obere Süßwassermolasse), sowie zum Teil im fränkischen und schwäbischen Jura sowie im mittelfränkischen Sandsteinkeuper registriert. Über ganz Bayern betrachtet liegt der aktuelle Anteil (rd. 63%, s. Abb. 2) der niedrig klassifizierten Messstellen im obersten Grundwasserstockwerk über dem Niveau der Jahre 2020 (rd. 33%) und 2021 (rd. 50%).
Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern bereits seit 2003, und somit seit fast 20 Jahren, ein Defizit auf. Diese Situation hat sich durch das insgesamt durchschnittlich feuchte Jahr 2021 nicht geändert. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020) kann dieses Defizit nicht nachhaltig durch einzelne regenreiche Wochen, wie zuletzt zu Beginn 2022, ausgeglichen werden.
Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Erwartungsgemäß zeigen sie auch nur eine geringe Reaktion auf die Niederschläge im Jahr 2021 bzw. im bisherigen Jahr 2022. Die Anzahl der als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen liegt mit derzeit rd. 71% in etwa auf dem Niveau der Jahre 2020 (rd. 65%) und 2021 (rd. 81%).

Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt. Jahreszeitlich bedingt liegen die Wassertemperaturen aktuell in einem günstigen Bereich. Die aktuelle Niedrigwassersituation in vielen bayerischen Fließgewässern kann aber dennoch negative Auswirkungen auf die Fischfauna und die wirbellosen Kleinlebewesen haben. Diese äußern sich insbesondere in einer geringeren Lebensraumverfügbarkeit. So können sich beispielsweise Fläche und Funktionalität von Laichplätzen einiger Fischarten verringern.
In den Seen konnte während des Winters der Sauerstoffgehalt durch Zirkulation auch in der Tiefe auf ein normales Niveau aufgefüllt werden, die Situation hat sich dadurch entspannt. Die momentan sinkenden und bereits verbreitet auftretenden niedrigen Wasserstände der Seen können längerfristig negative Auswirkungen insbesondere auf die austreibende Vegetation im Röhrichtgürtel und auch in der Flachwasserzone haben. Dieser Bereich wird von zahlreichen Tieren zur Eiablage genutzt. Bei weiter sinkenden Wasserständen können diese Gelege geschädigt und somit die Gesellschaften der Lebewesen geschwächt werden. Konkrete Auswirkungen wird man erst mit künftigen Untersuchungen feststellen können.

Ausblick:
Die trockene Hochdrucklage geht Ende März zu Ende. Die derzeitige Trendvorhersage des Deutschen Wetterdienstes erwartet für die nächsten vier Wochen, mit Ausnahme der etwas zu nassen Woche vor Ostern, meist mittlere Niederschlagsverhältnisse – als Referenz wird der Zeitraum 2002 bis 2021 herangezogen. Daher wird das Niederschlagsdefizit des Winterhalbjahres in den nächsten Wochen voraussichtlich nicht ausgeglichen.

Abb.1: Abweichungen vom mittleren Monatsniederschlag (1971-2000) für die Regionen Nord- und Südbayern im Verlauf der letzten 2 Jahre.



Abb.2: Anteil an Grundwassermessstellen und Quellen mit der Klassifizierung niedrig, sehr niedrig bzw. neuer Niedrigstwert im oberen Grundwasserstockwerk im Verlauf der letzten 2 Jahre.


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